Im Aachener Dom unter dem Barbarossaleuchter – also „sub corona“ – im Herzen des Oktogons Platz zu nehmen, ist etwas ganz Besonderes. Umso schöner, wenn Dom-Liebhaber dann auch noch besinnlicher Musik und meditativen Worten lauschen können, die den Advent einläuten. Genau dazu lädt ein Mal im Jahr der Karlsverein seine Mitglieder ein.
Und sie folgten am vergangenen Samstag der Einladung wie gewohnt zahlreich, obschon die Gegebenheiten ungewohnt waren, wie Hubert Herpers, Sparkassendirektor und gleichsam Vorsitzender des Karlsvereins, in seinen einleitenden Worten betonte. Der Tatsache, dass in den Vorjahren viele Dutzend Mitglieder, die sich Karten reserviert hatten, nicht gekommen seien und dadurch anderen die Plätze strittig gemacht hätten, sei geschuldet, dass in diesem Jahr erstmals ein Kartenpreis zu entrichten war. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen blieben im Oktogon des Aachener Domes keine Plätze frei.
Auf dem Programm des mit „Musik zur Nacht – sub corona“ betitelten Konzerts standen stille Stücke von großer Anmut, wie sie besser nicht das Kommen des Festes der Liebe ankündigen könnten. Bis auf das finale, das alle Auftretenden versammelte, stellten die Werke allesamt Solisten und deren besondere Virtuosität in den Mittelpunkt. Es spielten Almuth Ensinger (Violoncello), Stefanie Faust (Flöte), Skerdjano Keraj (Violine), Arndt Sartor (Oboe). Der Tenor Robert Reichinek bereicherte das Konzert mit seiner beweglichen Stimme. Alle Stücke begleitete Domkapellmeister Berthold Botzet an der Orgel. Ihm oblag auch die Gesamtleitung.
Zu Gehör kamen die Sonate D-Dur von Alessandro Besozzi (1702-1775), die Sonate g-Moll von Giuseppe Tartini (1692-1770), die Aria „Salve Regina“ von Marc-Antoine Charpentier (1643-1704), die Sonate E-Dur von Johann Sebastian Bach (1685-1750) und zum Finale mit allen Mitwirkenden „Meine Seele rühmt und preist“ von Georg Melchior Hoffmann. Das Schlusswort sprach Hubert Herpers, der sich mit Dank an alle und besonders die Sponsoren des anschließenden gemütlichen Beisammenseins im Kreuzgang – Café Extrabaltt, Weingut Geil’s und Bäckerei Oebel – wandte und noch einmal darauf aufmerksam machte, dass Dombaumeister Helmut Maintz, „der derzeit einen kalten Arbeitsplatz auf dem Sechzehneck hat“, sich über zahlreiche Spenden für eben dieses Projekt freuen würde. Dem schloss sich ein gemeinsames Singen von „Macht hoch die Tür“ und danach besagte Feierstunde im Kreuzgang an.
Zwischen den Musikbeiträgen bereicherte erstmals Dompropst Manfred von Holtum das Programm mit Wortbeiträgen. Er las aus Texten von Bischof Klaus Hemmerle (1929-1994) und stellte an vielen Stellen Kinder in den Mittelpunkt. „Ein ruhiges Einschwingen auf den Advent“, wünschte er seinen Zuhörern, und ging in der ersten Textmeditation auf das Kind in der Krippe ein, in dem Gott Mensch wird. „Mensch werden heißt aber auch Kind werden“, sagte er. In einem späteren Beitrag sprach er davon, wie Menschen, die in der vorweihnachtlichen Hektik eigentlich keine Muße zum Innehalten haben, wohl aber einen Säugling im Kinderwagen an der Supermarktkasse anlächeln. „Denn Kinder haben diese Macht“, resümierte von Holtum, „dass sie Netze knüpfen, Gemeinschaft schaffen, verbinden, vereinen.“ Sie seien Geschenk an alle und die Zukunft. In der Erwartung der Ankunft Gottes als Kind, so spannte der Dompropst den Bogen in einer anderen Meditation weiter, „müssen wir aber auch das ummauerte Ich aufsprengen und teilen, wie es Martin tat, als er seinen halben Mantel dem Bettler überließ.“ So plädierten die Texte für mehr Mitgefühl und Offenheit den Nöten anderer gegenüber, aber auch für noch mehr Vorfreude auf die Ankunft von Gottes Sohn als Symbol für die Zukunft in Kindern.