Der Aachener Dom ist gemäß einem perfekt harmonischen geometrischen System geplant und konstruiert worden. Das haben, rund 1200 Jahre nach der Errichtung der Pfalzkapelle Karls des Großen, Bauforscher des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland herausgefunden.

Dem UNESCO-Weltkulturerbe, das etwa ab dem Jahr 796 erbaut worden ist, liegt ein Fußmaß von 32,24 Zentimeter zugrunde. Dieses Fußmaß, das in etwa der Schuhgröße 49 entspricht, findet sich in allen wesentlichen Größen des Doms wieder. So misst das zentrale Oktogon mit Kuppel 48 Fuß im Durchmesser, das umgebende Sechszehneck doppelt so viel, sprich 96 Fuß. Die Höhe und Breite des Oktogons entsprechen dem zweifachen Maß des Oktogons, also ebenfalls 96 Fuß, während die Länge der Pfalzkapelle dem dreifachen Maß, also 144 Fuß, entspricht.

Dom_Querschnitt_ZeichnungDer gesamte Bau geht nach dem im Mittelalter gebräuchlichen Duodezimalsystem in glatten Fußmaßen auf. Grundlegend sei das Bauraster von sechs Fuß. Die Zahl 6 gelte seit der Antike als perfekte Zahl, denn sie entspricht der Summer ihrer Teiler (1+2+3=6) und als einzige Zahl auch deren Produkt (1x2x3=6). So finden sich sowohl die Sechs als auch die Zahl 8 des Oktogons in seiner Größe (6×8=48 Fuß) wieder.

„Dass dieses Bauprinzip so einfach ist, macht es für mich so überzeugend“, sagte Dr. Ulrike Heckner, Bauforscherin im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland. Die geometrischen Formel seien auch schon zu Karls Zeiten mit Zirkel und Lineal leicht zu konsstruieren gewesen. Heckner glaubt, dass die Entdeckung des simplen Bauprinzips des Aachener Doms viele Auswirkungen haben dürfte: „Das beweist, dass früher mit Bauplänen gebaut worden ist. Das haben wir zwar geahnt, aber nicht mit Sicherheit gewusst.“

Möglich waren die genauen Messungen und die Entdeckung des im Grunde simplen Bauprinzips, das auf Kreisen und Quadraten basiert, durch die jahrelange enge Zusammenarbeit des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland mit dem Aachener Domkapitel während der nun bereits 25 Jahre andauernden Sanierung des Doms. In dieser Zeit sind genaueste photogrammetrische Zeichnungen angefertigt worden, die es erlaubten, den Aachener Dom detailliert abzubilden.
Heckner betonte, das in Aachen entdeckte Fußmaß entspreche ziemlich genau dem sogenannten französischen oder Pariser Königsfuß, der 32,48 Zentimeter beträgt. Dadurch dass er in Aachen bereits im 8. Jahrhundert verwendet worden sei, könne man „durchaus vom Aachener Königsfuß sprechen“. Das Fußmaß war im Mittelalter üblich. Der Meter als Maßstab hat sich erst im 19. Jahrhundert entwickelt.

Fest steht, dass Karl der Große in seinem Herrschaftsgebiet per Verordnung einheitliche Maße eingeführt hat. Es könnte nun also durchaus sein, dass sich das Aachener Fußmaß auch in anderen Bauten im karolingischen Reich feststellen lassen wird. Ob Aachen sich dadurch nun als Maß aller Dinge herausstellt, bleibt allerdings abzuwarten. Der Kölner Dom, ein Gebäude im gotischen Baustil und rund 500 Jahre später als der Aachener Dom entstanden, sei von seinen Bauprinzipien jedenfalls „sehr viel komplizierter“, so Heckner.