Eindrucksvolles Konzert „sub corona“ stimmt auf den Advent ein und setzt einen würdigen Schlusspunkt unter das Jubiläumsjahr des Karlsvereins-Dombauvereins.
Von Sabine Rother
Barock pur – so könnte man in nur zwei Worten ein glanzvolles Konzert im goldschimmernden Dom umschreiben, mit dem der Karlsverein-Dombauverein mit seinen Mitgliedern im vollbesetzten Oktogon bei der „Musik zur Nacht – sub corona“ den Beginn der Adventszeit feierte und zugleich sein Jubiläumsjahr zum 175-jährigen Bestehen abschloss.
Raum und Klang – Domkapellmeister Berthold Botzet gelang es, mit höchster Sensibilität unter dem Barbarossaleuchter eine filigrane Einheit zu schaffen, bei der das Publikum atemlos lauschte und das bunte Weihnachtsmarkt-Getöse rundum in Vergessenheit geriet. Die Einstimmung durch die Turmbläser von der Galerie des Westturms aus ließ die Wartenden bereits vor Öffnung des Doms auf Schönes hoffen.
In Bachs Universum abtauchen
Die „Barocken Kostbarkeiten zum Advent“ umkreisten einen großen Namen: Johann Sebastian Bach. Mit einer seiner bekanntesten Kantaten „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (BWV 140) tauchte man ab in das Bach‘sche Universum – zuvor hatte allerdings der Vorsitzende des Karlsvereins-Dombauvereins Hubert Herpers das Wort. Er blickte zurück auf 175 Jahre Karlsverein, die man 2022 feiern konnte, auf die nie erlahmten Bemühungen um den Dom, der 1978 als erstes historisches Gebäude in Deutschland auf die Liste des UNESCO-Welterbes gelangte. Und Herpers hatte auch einen Geschenktipp: Für 50 Euro lässt sich eine dreijährige Mitgliedschaft verschenken – wenn das kein Anreiz ist.
Dann wurde es still „sub corona“. Sopranistin Carolin Jurkat verband im feinen Ausdruck die Liebe zum Oratorien- und Liedgesang mit der lebendigen Ausdrucksfähigkeit für die Opernbühne. Auch Tenor Wolfgang Klose liegt der Konzertgesang am Herzen, wobei er gleichfalls Opernpartien wie den „Tamino“ in Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ übernimmt. Er leitet derzeit Gesangsklassen an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf. Für den erkranken Christian Palm konnte kurzfristig Bassbariton Thomas Bonni aus Köln gewonnen werden – ein gefragter Konzertsolist in allen großen Oratorien und Passionen von Bach, Händel, Mozart, Brahms, Verdi bis hin zu Mendelssohn Bartholdy. Zusammen mit dem Vokalensemble Aachener Dom, einen Chorgruppe, die seit 2007 erfolgreich projektbezogen mit dem Domkapellmeister arbeitet, und den Musikerinnen und Musikern des Domorchesters und des Dombläserensembles (überwiegend Mitglieder des Sinfonieorchesters Aachen) formte Botzet einen luftigen und zugleich intensiven musikalischen Raum, bei dem es ihm auf den edlen, klaren Ausdruck ankam, jede Feinheit war durchhörbar. „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, der bekannte Eingangschor wurde durch das Tenor-Rezitativ zur „baldigen Ankunft des Bräutigams“ ausgeweitet, gefolgt vom anmutigen Sopran-Bass-Duett, das Warten der Seele auf Jesus, in Arabesken umschlungen von einer virtuosen Solovioline. So entwickelte das Ensemble ein schönes Geflecht aus Choral, Rezitativ und Arie bis zum „Gloria sei dir gesungen / mit Menschen und mit englischen Zungen“.
„Entdecke mich“ – Dompropst führt zur Heiligtumsfahrt
So eingestimmt war das Publikum offen für eine Textmeditation, die als Hausherr Dompropst Rolf-Peter Cremer übernahm. Was bedeutet dieses „Wachet auf“? Das „Anklopfen Gottes“ wecke zugleich die Träume. „Wir brauchen unsere Träume zum Christsein“, betonte Cremer und lenkte damit den Blick auf die Heiligtumsfahrt vom 9. bis 19. Juni 2023 unter dem Motto „Entdecke mich“. Sein Wunsch: „Werden Sie Glaubensdetektive mit Spürsinn.
Stimmschön und inhaltlich genau in diesem Sinne schloss sich die Kantate BWV 36 (1731) an: „Schwingt freudig euch empor zu den erhabnen Sternen“ mit einem mystischen Choraltrio (Sopran und Alt) über „Nun komm der Heiden Heiland“, gefolgt von der nahezu romantischen Tenor-Arie „Die Liebe zieht mit sanften Schritten / sein Treugeliebtes allgemach“. Immer wieder blitzten in diesem Konzert vertraute Abschnitte – etwa aus dem Choralsatz über „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ auf und ergaben mit Arien bis hin zum Schlusssatz „Nun komm der Heiden Heiland“ bis zum „Lob sei Gott, dem Heilgen Geist / Immer und in Ewigkeit“ einen festlichen „Empfangsteppich“ für den Advent.
„Danke für ein wunderbares Konzert“ sprach Hubert Herpers allen im Aachener Dom aus den Herzen, die beseelt das gemeinsame Schlusslied mitsangen: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“. Begeisterter Applaus.
Eindrücke der „Musik zur Nacht“ (Fotos: Andreas Steindl)